Die Healthcare Branche im Visier

Verpasst Deutschland den digitalen Wandel?

In diesem Monat beschäftigen wir uns mit einer Branche, durch die ich mehr oder weniger durch Zufall beim Recherchieren gestoßen bin. Ich muss offen gestehen, dass ich sie bislang noch gar nicht so bewusst wahrgenommen habe. Als sie mir beim Sammeln von Ideen für den diesmonatigen Newsletter jedoch aufgefallen ist, fand ich sie sofort sehr spannend. Es geht um die globale Smart Healthcare Branche.

Bei uns in Deutschland steckt diese Industrie noch in den Kinderschuhen und ist nicht sonderlich weit verbreitet. Andere Länder, allen voran wie immer die USA, sind in diesem Bereich jedoch schon einen gehörigen Schritt weiter. Was den digitalen Wandel angeht, so sind wir Deutschen eben ein sehr vorsichtiges, skeptisches und dementsprechend unterm Strich träges Völkchen.

Was ist dieses Smart Healthcare überhaupt?

Es geht dabei um die Digitalisierung des Gesundheitswesens. Elektronische Gesundheitsdaten und Patientenakten, Telemedizin und Mobile Health, Smart Pills, Smart Syringes, also quasi “intelligente Spritzen” und viele weitere futuristisch anmutende Bereiche. Dabei geht es natürlich per se nicht um die Möglichkeit, jedes noch so kleine Wehwehchen und Symptom online googeln zu können und sich so sein eigenes Schreckens-Krankheitsbild zu basteln. Vielmehr geht es um den Wandel, Arztbesuche online durchführen zu können, Rezepte über das Internet einzulösen, digitale Medien dazu zu nutzen, den eigenen Lebensstil aus gesundheitlicher Sicht zu optimieren und natürlich ganz allgemein die Entwicklung moderner Technologien und Maschinen, die in der medizinischen Betreuung von Patienten zum Einsatz kommen können.

In den USA wird die Möglichkeit, mobile Endgeräte im Gesundheitssektor zu nutzen, als mHealth, kurz für Mobile Health, zusammengefasst. Die Nutzung des privaten Smartphones für beispielsweise Arzt- und Apothekenbesuche vervielfacht sich dort von Jahr zu Jahr. Wenn auch nicht ganz so intensiv, so macht sich diese Entwicklung mittlerweile auch in Deutschland immer mehr bemerkbar.

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Wachstum in der Smart Healthcare Branche

Laut den Analysten von Grand View Research lag die Größe des globalen Smart Healthcare Marktes 2019 bei 143,6 Milliarden US-Dollar. Erwartet wird ein CAGR, also eine jährliche Wachstumsrate, von 16,2 % bis 2027. Ende 2027 sollte die Größe der Branche damit bei um und bei 500 Milliarden US-Dollar liegen. Das ist eine beeindruckende Wachstumsrate!

Eine große Rolle spielt hierbei selbstverständlich die voranschreitende Digitalisierung, die von den Regierungen gefördert wird. Eine Umfrage unter US-amerikanischen Krankenversicherten aus dem Jahr 2019 hat ergeben, dass bereits zu dieser Zeit 37 % der Amerikaner das Internet und mobile Apps nutzen, um gesundheitliche Angelegenheiten zu klären. Der größte Impuls für die Industrie kommt hierbei jedoch direkt von den Unternehmen.

So hat Phillips beispielsweise im Jahr 2020 den eCareManager entwickelt. Dieser kann den Gesundheitszustand eines Patienten im Zusammenhang mit Covid-19 auswerten und so frühzeitig Verschlechterungen erkennen. Ein weiteres Beispiel ist das Teladoc Medical Professionals Programm von Teladoc Health. Es soll unkompliziert auf digitalem Wege Patienten mit komplexen physischen und psychischen Krankheitsbildern mit entsprechenden Gesundheitsexperten und Ärzten zusammenführen.

Ein weiterer positiver Faktor im Zusammenhang mit der Smart Health Branche ist ganz klar die steigende Förderung durch Regierungen. Als positives Beispiel ist hier Kanada zu nennen. Die Regierung in Quebec hat in Zusammenarbeit mit der Canadian Medical Association beschlossen, den Zugang von Patienten zu Telehealth Angeboten deutlich auszubauen und zu verbessern. Es ist davon auszugehen, dass solche Programme als gutes Beispiel vorangehen und globale Trends auslösen können.

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Sparten in der Smart Health Branche

Mit einem Umsatzanteil von knapp 50 % im Jahr 2019 wird die Smart Healthcare Branche aktuell von dem Bereich mHealth dominiert. Dies ist höchstwahrscheinlich auf die weitgehende Nutzung des Internets sowie Smartphones zurückzuführen. In Zukunft erwarten wir aber, das gerade die Wearable Devices eine große Rolle spielen werden. Schon heute erfreuen sich Fitnessarmbänder immer größerer Beliebtheit, Tendenz steigend.

Unter Privatpersonen weitestgehend unbekannt, sind die am schnellsten wachsende Technologie Sparte in der Smart Health Industrie RFID Kanban Systeme. Dieses Segment wächst laut Grand View Research aktuell mit einem CAGR von 22,1 %. RFID steht kurz für Radio Frequency Identification. es handelt sich um eine Technologie zum automatischen Identifizieren und Lokalisieren von Objekten und Lebewesen mit Radiowellen. In der Industrie wird diese Technologie hauptsächlich dazu genutzt, um Lagerbestände automatisch managen zu können und gegebenenfalls Nachbestellungen durchzuführen.

Der Begriff Kanban kommt aus dem japanischen und bedeutet auf Deutsch in etwa “Schild” oder “Reklametafel”. Es ist eine Methode, mit der die menschliche Zusammenarbeit optimiert werden soll. Bedarf und verfügbare Kapazitäten sollen ausgeglichen und Engpässe verbessert werden können. In der Medizin können diese Technologien dazu genutzt werden, um Vorgänge in Krankenhäusern zu optimieren. Der am zweitschnellsten wachsende Bereich ist die Telemedizin. Hierbei spielt vor allem die Möglichkeit, seinen Arzt online über eine Videokonferenz zu erreichen, eine große Rolle. Covid-19 hat dieser Entwicklung aufgrund der Social Distance Regeln natürlich einen enormen Auftrieb verschafft.

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Die Smart Healthcare Branche nach Regionen

 

Seit langem haben wir es mal wieder mit einer Branche zu tun, die nicht vom Asien-Pazifik Raum dominiert wird, obwohl es sich um einen technologieorientierten Bereich handelt. Mit einem Umsatzanteil von knapp 35 % liegt hier Nordamerika ganz vorn. Auch an zweiter Stelle finden wir nicht den Asien-Pazifik Raum, sondern unsere Heimat Europa mit einem Anteil von gut 30 %. Den Hauptgrund hierfür sehen wir in unterstützenden Regularien seitens der Regierungen und einem sich rasch entwickelnden Bedürfnis nach digitalen Gesundheits-Infrastrukturen.

Hinzu kommt eine internetaffine Bevölkerung und immer neuere und ausgeklügelte Apps in diesem Bereich. Die American Hospital Association gab im Jahr 2020 bekannt, dass etwa 75 % der Krankenhäuser in den Vereinigten Staaten bereits Telehealth Methoden nutzen, um Ärzte mit Patienten effizient zusammenzubringen.

Digitale Apotheken kennen wir mittlerweile auch in Deutschland und haben hier die Möglichkeit, unsere Rezepte einfach und unkompliziert online einlösen zu können. Die größte Wachstumsrate der Branche erwarten wir aber einmal mehr ganz klar im Asien-Pazifik Raum. Japan, Australien und Indien haben bereits jetzt ein hohes Potential, ihre digitale Healthcare Infrastruktur mittels wachsender Investitionen rasch auszubauen. Staatliche Programme in China und Indien zielen ebenfalls klar darauf ab, die Digital Health Industrie in den kommenden Jahren signifikant wachsen zu lassen.

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Aktiengesellschaften und ETFs

in der Smart Healthcare Branche

Viele große und bekannte Unternehmen führen Kollaborationen untereinander und mit den Regierungen ihrer jeweiligen Heimatländer durch, um sich eine starke Position in der modernen Gesundheitsbranche zu erarbeiten. Hierzu zählen sowohl kleinere, spezialisierte Unternehmen wie beispielsweise Airstrip Technologies, die Cerner Corporation oder die Biohaven Pharmaceutical Holding, aber natürlich auch die großen und uns bekannten Konzerne wie Apple, Cisco, GE, IBM, Siemens oder Philips. Jedes dieser Unternehmen hat mittlerweile eine emanzipierte und fähige Gesundheitsabteilung, deren Auftrag es ist, innovative Technologien für die moderne Health Branche zu entwickeln.

iShares Healthcare Innovation UCITS

Ein möglicher ETF, den wir in diesem Bereich ausfindig machen konnten, ist der iShares Healthcare Innovation UCITS. Er ist zu 72,25 % in den USA, gefolgt von 16,48 % in Europa investiert und somit klar auf westliche Unternehmen fokussiert. Positiv hervorzuheben ist, dass der ETF 191 Einzelpositionen hält, also breit diversifiziert ist, wobei die größte Position lediglich 1,89 % Anteil am ETF ausmacht. Dieser ist also gut aufgestellt und verfügt mit einer Fonds Größe von 1,2 Milliarden Euro auch eine solide Größe. Es handelt sich um einen physisch replizierenden, thesaurierenden ETF. Mit einem Alter von knapp sechs Jahren hat der ETF bereits die magische Schwelle von 5 Jahren überschritten, befindet sich jedoch seit Januar 2021 in einem Abwärtstrend.

Hervorzuheben ist, dass der ETF in kein einziges, hierzulande wirklich bekanntes, großes Unternehmen investiert. Es handelt sich dementsprechend um Nischen Aktiengesellschaften, die wirklich im Bereich der Smart und Innovative Healthcare Industrie tätig sind. Es handelt sich also um ein klares Risikoinvestment, welches sich jedoch zur Beimischung zum Portfolio gut eignen kann.